07.09. LGD eine der besten Schulen Sachsens
Schulpreis auch für das LGD in Döbeln: Der Sonderpreis Kultur der Digitalität ist mit 4000 Euro dotiert. Was Sherlock Holmes, Dr. Watson und Miss Marple damit zu tun haben.
Wenn Sherlock Holmes, Dr. Watson und Miss Marple gemeinsam im sächsischen Kultusministerium auftauchen, dann sorgt das für Aufmerksamkeit. „Die Leute auf den Fluren haben wahrscheinlich gedacht: ‚Wie sind die bloß am Pförtner vorbeigekommen?‘ und auch ich dachte mir: ‚Das ist entweder ein Geniestreich oder wir werden für verrückt erklärt.‘“ Michael Höhme (55), Schulleiter des Lessing-Gymnasiums Döbeln, erzählt schmunzelnd davon, wie sich Sylvia Risse (54), Fachleiterin für den naturwissenschaftlichen Bereich, sein Stellvertreter Tommy Greim (36) und er in die Kostüme der berühmten drei Detektive gekleidet haben. Sie wollten die Bewerbung des Lessing-Gymnasiums beim sächsischen Schulpreis mit einem denkwürdigen Vortrag untermauern.
Ein solcher Pitch vor der Fachjury ist neu beim alle zwei Jahre ausgeschriebenen Schulpreis. Der wurde im Juni in vier Kategorien vergeben. Das Lessing-Gymnasium Döbeln bewarb sich für den mit 4000 Euro dotierten Sonderpreis „Kultur der Digitalität“ und gewann. Somit sind beide Gymnasien im Altkreis Döbeln die besten in ganz Sachsen. Denn während das Lessing-Gymnasium Döbeln den Sonderpreis abräumte, gewann das Martin-Luther-Gymnasium Hartha die Kategorie Gymnasien.
Das Unternehmen ist geglückt. Die Idee von Sylvia Risse, sich so zu präsentieren, kam an. Systematisch hatte man zuvor am Döbelner Gymnasium überlegt, was die Bildungsstätte in Sachen Digitalisierung so alles macht. So konnten die drei berühmten Detektive der Jury viele Indizien für Digitalität am Döbelner Lessing-Gymnasium vortragen.
Ein Leuchtturm ist dabei das medienwissenschaftliche Profil. In dem befassen sich mittlerweile zwei Drittel eines Jahrgangs der Klassenstufen 8 bis 10 mit Digitalthemen. Sechs bis sieben Lehrerinnen und Lehrer sind auf das Profil spezialisiert und tragen ihre digitalen Kenntnisse auch in den Fachunterricht und ins Kollegium. In den zwei Stunden des Profilunterrichtes pro Woche lassen sich Projekte verwirklichen. So werden die Schüler der 9. Klasse im Profilunterricht zu Medienscouts ausgebildet. Sie machen dann die Sechstklässler bei Themen wie Social-Media und Online fit.
In den zehnten Klassen wird das Innovationsthema Künstliche Intelligenz (KI) ins Zentrum gerückt. Am Medienprofil schätzen die Schüler mittlerweile coole Lernthemen, verknüpft mit Bild, Video und Kreativität als Erfolgsrezept. Doch wer bei der Profilwahl das naturwissenschaftliche Profil statt des Medienprofils gewählt hat, der muss am Lessing-Gymnasium in Sachen Digitalbildung trotzdem nicht in die Röhre schauen.
Denn im zweiten Jahr läuft die Junior-Ingenieur-Akademie der Deutschen Telekomstiftung an der Schule mit Wissenschaftspartnern aus der Praxis. Hier ist digitale Messtechnik das große Rahmenthema. In der 9. Klasse etwa geht es um Digitalisierung in der Landwirtschaft. Gemeinsam mit den Spezialisten für Precision Farming der Firma Agricon aus Jahnatal und dem Versuchsgut Köllitsch in Nordsachsen gehen die Schüler der Frage nach: Was kann Digitalisierung in der Landwirtschaft? Für Schulleiter Michael Höhme ist das irgendwie auch ein Stück zurück zu den Ursprüngen der Schule, die 1869 gegründet wurde und später als Königliches Realgymnasium und Landwirtschaftsschule firmierte.
Gesundheit und Ernährung ist ein zweites digitales Thema der Neuntklässler im Nawi-Profil. Im Hygienemuseum Dresden untersuchten sie mit digitaler Messtechnik Lebensmittel wie Cola.
Die Zehntklässler haben im Medienprofil die Robotik als Thema. Dank eines zweiten Preises bei der Ferry-Porsche-Stiftung konnte die Schule von den 50 000 Euro Preisgeld hochwertige Technik für die Robotik anschaffen. Robotik-Professor Sven Hofmann lehrte viele Jahre Mathe und Physik am Döbelner Gymnasium. Jetzt gibt er an der Uni Leipzig Workshops für die Döbelner Zehntklässler.
Auch den in Döbeln lebenden Informatikprofessor Sebastian Zug von der TU Bergakademie Freiberg holte sich die Schule an Bord. Er bot am LGD Programmier-Workshops für Schüler an. Mit der Sanitärgroßhandelsfirma Pietsch in Ostrau als Praxispartner geht es außerdem ums Smart Home. „Mittlerweile kommt bei uns kein Schüler um die Themen Digitales und Medien herum“, sagt Schulleiter Michael Höhme stolz.
Durch den Profilunterricht stieg in den zurückliegenden Jahren auch das Interesse des Lehrerkollegiums an digitalen Themen von ganz allein. Die Schule ist digital gut ausgestattet. In allen Unterrichtsräumen gibt es digitale Tafeln. Es gibt ausreichend Klassensätze mit I-Pads. „Hier sind wir gerade an dem Punkt, dass wir keinesfalls nur Tablettunterricht wollen, um auch die klassischen Kulturtechniken zu pflegen“, sagt Michael Höhme. „Digitalisierung ist nur cool, wenn sie einen Mehrwert hat. Nur zum Rumdaddeln wird es eher zum Problem.“
Digital mit Mehrwert – so ist das Lessing-Gymnasium Döbeln seit vielen Jahren auch nach Außen unterwegs. Es ist üblich, dass Schüler und Lehrer im Internet publizieren. So wurde der Inhalt des alten Gesteine-Schrankes, den die Schule noch aus Zeiten als königliches Realgymnasium besitzt, fotografiert und ins Netz gestellt. Daraus ist ein Geografieprojekt zum Thema Mineralien und Steine geworden, das im deutschsprachigen Raum unter der www.gesteine-projekt.de täglich 100-mal geklickt wird. Zudem betreibt das Lessing-Gymnasium Döbeln das drittgrößte Informationsportal zum Judentum im deutschsprachigen Raum. Auf der Internetseite www.judentum-projekt.de veröffentlichen Schülerinnen und Schüler, die den fächerverbindenden Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ besuchen, ihre Beiträge. Bis zu 3000-mal am Tag wird diese Seite angeklickt.
Auch die Schulhomepage www.lgd.de wird täglich im Schnitt 1200-mal geklickt. Die Internetseite ist eine der wenigen Schulseiten mit nur drei Buchstaben. Sie ist ein Erbe des 2010 viel zu früh verstorbenen Schulleiters Matthias Müller. Mittlerweile wurden der Schule schon mehrere tausend Euro für die Domain lgd.de geboten.
Die Aufzählung der Kultur der Digitalität am Lessing-Gymnasium ließe sich wohl noch endlos fortsetzen: mit dem digitalen Adventskalender auf der Schulhomepage, der Robotik AG, mit dem Deutschlernen per App in den DaZ-Klassen der Schule. Oder mit einem digitalen Avatar im Klassenzimmer, der einer an Leukämie-erkrankten Schülerin die Teilnahme am Unterricht ermöglichte, und mit Lehrerfortbildungen, die aktuell ein KI-generiertes Feedbacktool für Deutschaufsätze vorstellten.
Döbelner Allgemeine Zeitung
Thomas Sparrer
07.09.2024