15.03. Wie viel Medienkonsum für Jugendliche?
Am Gymnasium gab es einen Medienelternabend. Was die Experten dazu sagen.
Das Handy ist allgegenwärtig, zu Hause stehen Computer und Fernseher, Computerspiele gehören zum Alltag. Wie umgehen mit dem Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen? Christin Winkler, Sozialpädagogin am Lessing-Gymnasium, bringt es in einem Satz unter: „Lassen Sie Ihr Kind die Erfahrung machen, fangen Sie es auf und seien Sie wachsam.“ Über den Umgang mit Medien hatte das Lessing-Gymnasium einen Elternabend als Infoveranstaltung organisiert. Kristina Richter vom Medienkulturzentrum in Dresden gab den Eltern Tipps für den Umgang mit Medien. Sarah und Anni, die als Schülerinnen der 11. Klasse das Medienprofil der Schule belegen, sprachen über ihre eigenen Erfahrungen und die ihrer Freunde.

„Medien sind nicht nur ein Zeitvertreib, sondern ein Weg, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen“, so die Expertin. Medien seien identitätsbildend und gehörten zur Lebenswelt der jungen Leute dazu. Für die Verbindung zu Freunden seien sie extrem wichtig. „Man würde sie beschneiden, wenn man das überreguliert“, so Richter, die das Smartphone als „Weltaneignungsinstrument“ beschreibt.
Medien böten für die Jugendlichen Chancen, aber auch Risiken. In Netz werden Daten preisgegeben, Abmahnanwälte lauern darauf, dass junge Leute Urheberrechte bei Bildern verletzen. Die beiden Schülerinnen beschreiben die Erfahrung von Freunden, dass bestimmte öffentliche Netzwerke von Erwachsenen unter falschen Identitäten genutzt werden, um mit Jugendlichen anzubandeln. Andere Probleme sind Cybermobbing und Shitstürme im Internet. Fallen lauern in Nutzungsbedingungen. Und Abmahnungen bei der Nutzung von Tauschbörsen. Frei zugängliche Pornografie im Netz erzeuge bei den jungen Leuten ein falsches Bild von Sexualität, so Kristina Richter.
Das exzessive Computerspielen könne Suchtcharakter bekommen. „Anzeichen sind, dass die Jugendlichen lügen, um Zeit dafür zu bekommen oder dass sie Termine versäumen. Wenn das ganze Leben darauf ausgerichtet ist, wird es problematisch.“ Familien sollten sich in diesem Fall professionelle Unterstützung suchen, rät die Medienexpertin. „Sucht ist eine Krankheit, die geht nicht von allein weg,“
Regeln beim Umgang mit Medien müssten sein und seien am besten gemeinsam festzulegen. Das meint auch Anni aus der 11. Klasse. Offene Gespräche mit den Eltern seien wichtig. Und sie macht auch die Hoffnung zunichte, dass Regeln immer komplett eingehalten werden. „Ich war Meister darin, Apps in Apps zu verstecken.“ Inzwischen habe sich ihr Medienverhalten geändert. Sie nutze das Handy auch, um ihre Hobbys zu pflegen. Etwa, um sich Tutorials anzuschauen und sich mit anderen darüber auszutauschen.
Schon kleine Kinder konsumieren ziemlich viel Medien. Aber wie viel ist gesund? Johannes Gersten, Medienexperte im Projekt Spektrum 3000 beim Verein Treibhaus, hat eine einfache Regel parat: „Zehn Minuten pro Tag und Lebensjahr. Es schadet einem Kind von fünf Jahren nicht, wenn es 50 Minuten am Tag Fernsehen schaut oder mit dem Tablet daddelt.“ Er empfiehlt, kleine Kinder nie allein vor den Bildschirm zu setzen, sondern Medien gemeinsam zu nutzen. „Sie sind kein Mittel, um aus dem Alltag zu flüchten.“ 100 Minuten am Tag für ein zehnjähriges Kind sei schon relativ viel. „Da ist die Empfehlung, für einen Ausgleich zu sorgen.“ Auch bei der Art der Mediennutzung gebe es qualitative Unterschiede. „Eine Stunde mit anderen zu spielen, ist etwas anderes, als eine Stunde Reels bei Instagram anzuschauen.“
Döbelner Anzeiger
Jens Hoyer
15.03.2023