28.04. Verlassenes Haus wird zum Kunstort

Im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Post toben sich zur Kulturnacht Künstler aus. Nicht nur mit Graffiti.

Die Botschaft auf der Wand ist eindeutig: „Don’t smoke“ steht dort neben zwei stilisieren Katzen. Ein fransiges Loch, das schon in der Wand war, ist in einen Katzenkörper eingearbeitet. „Das steht für die Verletzungen, die durch Rauchen entstehen“, erzählt Martha Ziemer.
Das Bild eines Mädchens, das dem Betrachter den Rücken zudreht und eine Maske in der Hand hält, sollen noch durch viele weitere Masken ergänzt werden. „Das spiegelt auch die Gesellschaft wider und ist auf die digitale Welt bezogen. Seien es Familie, Freunde, Politik, seien es Fake-News“, so Martha Ziemer.

Sie arbeitet in den Osterferien mit vier Mitschülern aus der 9. Klasse des Lessing-Gymnasiums an zwei Beiträgen für ein ganz besonderes Projekt. Ein prominenter „Lost Place” wird für zwei Tage zum Kunstort.

Mika Werner (von rechts), Martha Ziemer und Julius Wehner gestalten mit zwei weiteren Mitschülern des Lessing-Gymnasiums eine Wand im ehemaligen Posthaus. Sie gehören zur Arbeitsgemeinschaft der Kunsterzieherin Anja Fischer. Foto: Jens Hoyer

Der Döbelner Immobilienunternehmer Sven Weißflog hat das ehemalige Verwaltungsgebäude der Post an der Kreuzung Zwingerstraße dafür zur Verfügung gestellt. Zur Kulturnacht am 9. Mai wollen etwa 25 Künstler - die meisten aus der Region - ihre Werken vorstellen.

„Wir wollen zeigen, dass Graffiti nicht nur das Sprühen von Tags, sondern Kunst ist“, sagt Isabell Wiehmert, die als Mitarbeiterin im Projekt „WerkStadt“ des Vereins Treibhaus nicht nur an der Organisation der Kunstnacht beteiligt ist, sondern als Kunstpädagogin auch selbst zu Spraydose und Stift greift.

„Wir hatten die Idee und haben bei Künstler angefragt, ob sie etwas beisteuern wollen“, sagt Ekaterina Feil. „Wir dachten, wir bekommen mit Ach und Krach eine Etage voll. Und jetzt sind es zwei Etagen geworden.“

Den beteiligten Künstlern steht es frei, mit den vorhandenen Gegenständen und der Architektur zu spielen. Nur die alten Kachelöfen, die bis heute in dem seit Jahrzehnten ungenutzten Haus stehen, bleiben unangetastet.

Die Designerin Ekaterina Feil wird selbst eine Installation mit Spiegeln und eine Performance beisteuern. Dazu kommen Designobjekte.

Auch Tom Händler ist am Projekt beteiligt. Der Döbelner hatte bei der Kulturnacht im vergangenen Jahr Kinder bei einem Graffiti-Workshop auf dem Niedermarkt angeleitet. Diesmal hat er selbst einige Wände im zweiten Stock des ehemaligen Post-Hauses gestaltet.

In einem der Werke hat er der Tür eines Barkas neues Leben als Kunstobjekt eingehaucht. Händler betreibt die Graffiti-Kunst seit etwa fünf Jahren als Hobby, wie er erzählt. Inspiriert habe ihn der Döbelner Graffiti-Künstler Frank Schäfer, den er für seine Facharbeit im Gymnasium interviewt hatte. „Irgendwann habe ich selbst damit angefangen.“

Der ungewöhnliche Kunstort wird zur Döbelner Kulturnacht am 9. Mai von 17 bis 22 Uhr für Besucher geöffnet. Die ist auch der Auftakt zum 1. Mittelsächsischen Kulturtag am Sonntag, 11. Mai, sagt Isabell Wiehmert. An diesem Tag kann das Kunstprojekt in der Zeit von 11 bis 17 Uhr ein zweites Mal besucht werden.

Unternehmer Sven Weißflog hatte vor Jahren das ehemalige Verwaltungsgebäude in einem Paket mit mehreren Postimmobilien übernommen. Nach seinen Ideen könnte es umgebaut und im Untergeschoss Parkmöglichkeiten für das gegenüberliegende historische Postgebäude entstehen. Im Obergeschoss hält er Wohnungen für vorstellbar.

Döbelner Anzeiger
Jens Hoyer
28.04.2025

Kunst im Lost-Place

Zur Döbelner Kulturnacht am 9. Mai wird die Ruine gegenüber der Post zum „Haus der Kulturen“ mit Installationen, Street Art, Fotografien und Graffiti.

Das leerstehende Gebäude gegenüber der ehemaligen Post wird zur diesjährigen Döbelner Kulturnacht am 9. Mai zu einem Ort der Kunst. Etwa 25 junge Künstlerinnen und Künstler, zumeist mit Döbelner Wurzeln, machen aus dem Lost Place mitten in der Stadt eine Galerie. Die Ruine und viele Dinge, die sie darin finden, beziehen sie in ihr künstlerisches Experimentierfeld ein.

Im zweiten Geschoss hat sich Tom Händler mit diesem Kunstwerk verewigt, in das er auch eine alte Barkas-Fahrzeugtür eingearbeitet hat.

Tom Händler (26) aus Döbeln hatte angefragt, ob er das Gebäude für seine Graffitikunst nutzen darf. Daraus entstand die Idee, den Charme des verfallenen Gebäudes und die Kraft zeitgenössischer Kunst zusammenzubringen und eine temporäre Galerie aus dem Gebäude zu machen. Am 9. Mai, während der zweiten Döbelner Kulturnacht, wird das alte Gebäude mitten in der Stadt von 16 bis 22 Uhr geöffnet sein. Unterschiedlichste junge Künstler werden dann Installationen, Fotografien, Wandmalereien und Graffiti, Designobjekte und musikalische Experimente zeigen. Das alte Gebäude zwischen Post und Zwingerstraße wird dann zum „Haus der Kulturen“. Auch am Muttertag (11. Mai) wird das Haus (Eingang an der Zwingerstraße 13) nochmals von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Tom Händler und seine Mitstreiter wollen gern zeigen, dass Urban Art keine Randerscheinung ist. Und dass Graffiti nicht nur Tags auf Häuserwänden sind. Aufwendige, fast fotoähnliche gesprühte Kunst ist bereits in den Räumen fertiggestellt. Andere Kunst ist auf zwei Etagen noch im Entstehen.

Tom Händler befasst sich seit fünf Jahren mit Graffiti und Urban Art. Er leitet mittlerweile Workshops und arbeitet an Aufträgen. In seiner Schulzeit am Lessing-Gymnasium in Döbeln hatte er eine Facharbeit zum Thema Graffiti geschrieben und dafür auch den Döbelner Graffiti-Künstler Frank Schäfer interviewt. „Seitdem lässt mich diese Kunstform nicht los“, sagt er.

Mika, Martha und Julius gehören zur Kunst AG von Lehrerin Anja Fischer am Lessing-Gymnasium Döbeln. In diesem Raum verwirklichten sie in den Osterferien ihre Ideen. Fotos: Sven Bartsch
Schon in den Osterferien begannen die Vorbereitungen für das Wandgemälde. Foto: A. Fischer

„Die jungen Künstler haben sich für ihre Projekte einen Raum, eine Wand ausgesucht und losgelegt. Es gibt keine Projektgelder oder Zuschüsse. Es gibt eine gemeinsame, grobe Raumaufteilung“, erklärt Ekaterina Feil. Die Designerin aus Döbeln hat einen Bachelor-Abschluss in Dessau und einen Master in Schweden. Im „Haus der Kulturen“ wird sie selbst gestaltete Lampen und Objekte ausstellen und eine Installation vorbereiten.

Mit ihrer Kunst AG ist Lehrerin Anja Fischer vom Lessing-Gymnasium vertreten. Im ersten Geschoss arbeiten die Neuntklässler Mika, Martha und Julius sowie weitere Mitstreiter der Kunst AG an ihrem Werk. In ihre gesprühtes riesiges Wandbild integrieren sie Masken. Aber auch rauchende Katzen sind zu sehen. Ein Loch in der Wand wurde kurzerhand in das Bild integriert.

In einem in den Farben rot und blau gestalteten Rau im zweiten Geschoss bereiten Lehrerin Anja Fischer und Isabell Wiehmert vom Treibhausverein ihr gemeinsames Kunstprojekt vor. Die beiden Frauen sind seit dem gemeinsamen Kunstpädagogik-Studium in Leipzig befreundet. Für die Kulturnacht bereiten sie eine Installation vor. „Es geht um Erinnerungen aus der Kindheit und eine Geheimschrift, mit der sich diese schönen Erinnerungen für die Beteiligten codieren lassen“, versucht Isabell Wiehmert ein wenig neugierig zu machen.

Die zweite Döbelner Kulturnacht vereint am 9. Mai von 16 bis 22 Uhr an über 20 Orten in Döbelns Innenstadt etwa 50 verschiedene Künstler, Acts, Autoren, Bands und Mitmach-Angebote. Der Eintritt ist frei. Es wird wieder drei Bühnen auf Ober- und Niedermarkt sowie bei der Pferdebahn geben. Rathaus, Theater, Kirche und Ritterstraße werden ebenso bespielt. Noch stärker mit einbezogen sind in diesem Jahr die Gastronomen der Stadt. Zudem wird das Kinder- und Lesefest der Bibliothek bereits am Nachmittag zum Bestandteil der Kulturnacht.

Döbelner Allgemeine Zeitung
Thomas Sparrer
26.04.2025